Es war gerade die Zeit, als sich Prinz Alemander V. und Erbe des Throns mit dem mächtigsten General Nashram Sharboneth verbündete, um gemeinsam dem herrschenden Monarchen, Alemander IV. ein gewaltsames Ende zu bereiten. Das Attentat gelang, jedoch wurden sowohl der General, als auch der Thronerbe entlarvt und hingerichtet. Das Volk, das in der 1500-jährigen Dynastie der Königshäuser schon lange einen Hass gegen die Monarchie hegte, löschte die gesamte Herrscherfamilie innerhalb von kurzer Zeit aus. Diese Revolution ging als "die zehn schwarzen Tage des Elends" in die Geschichte Tethyrs ein. Und was darauf folgte war ein jahrzentelanger Bürgerkrieg, in dem mächtige Händler und wohlhabende Barone um die Macht rangen. Während im ganzen Land blutige Auseinandersetzungen tobten, hatten zwielichtige Gestalten und üble Gesellen ein leichtes Spiel. Meistenorts galt das Recht des Stärkeren, Meinungsverschiedenheiten endeten häufig blutig und nicht selten tödlich.
Ryna wurde in Tethyr, am Fusse der Berge von Alamir geboren. Als Tochter eines ehemals vermögenden Händlers, war sie in Gefahr. Nicht selten wurden Kinder von vermögenden, aber nunmehr schutzlosen Handelsleuten entführt und diese dann um Lösegeld erpresst. Aus diesem Grund übergab der Vater das Kind einer Amme und schickte beide nach Almraiven.
In der Hafenstadt wuchs Ryna im Armenviertel auf, wo ein älterer Priester, den alle "den Weissen" nannten, immer am Mittagstisch eine Predigt hielt. Seinen Übernamen hatte er aufgrund seiner beiden erblindeten, weissen Augen erhalten.
Die Umwelt, in der Ryna aufwuchs, war alles andere als förderlich, für eine gesunde körperliche Entwicklung. Als eines von vielen Kindern arbeitete sie an den Docks, half Ladungen von den Schiffen zu tragen und Botengänge zu erledigen. Jedoch waren ihre Kleider im Winter zu dünn, das Essen zu wenig und nicht nahrhaft und das Kind war meist schwach und kränkelnd. Umstände, von denen sie sich ein Leben lang nicht erholen würde. Jedoch war sie geschickt, aufmerksam und klug. Attribute, die vor allem einem wohlhabenden Händler auffielen. Nach und nach übertrug er Ryna verschiedene Aufgaben seiner Handelsgeschäfte und liess sie gleichzeitig von einem seiner persönlichen Berater ausbilden.
Dieser mysteriöse Händler, welcher in relativ kurzer Zeit ein ansehnliches Vermögen angehäuft hatte, geriet zusehends ins Visier der ansässigen Gilden, die sich einen solch einflussreichen Mann, der Beziehungen nach Tashluta pflegte, nur allzugerne als Verbündeten unter den Nagel reissen wollten. Jedoch liess sich der Kaufmann nicht beeindrucken und unterhielt zu seinem persönlichen Schutz eine eigens rekrutierte Mannschaft. Es waren Fremde, jenseits von Tashalar, kampferprobt und bestens ausgerüstet, mit denen sich niemand anlegen wollte. Es hiess, dass sie auf allerlei magischen Krimskrams Zugriff hätten und die meisten wollten es nicht drauf ankommen lassen. Sich mit einem aufstrebenden Fremdling anzulegen, dessen Macht niemand so wirklich einschätzen konnte, hätte bedeutet eine mögliche Niederlage in Kauf zu nehmen und sein eigenes Geschäft womöglich zu verlieren.
Ryna, die sich weniger um die politischen Verhältnisse kümmerte, als vielmehr darauf bedacht war ihre Aufträge auszuführen, wurde älter und reifer. Mit zunehmendem Alter wurden ihr auch weitere Verantwortungen übertragen und so kam es, dass sie letztendlich für die Kontrolle der Warenlieferungen, welche in Tashalar verschifft wurden und über den Seeweg nach Almraiven gelangten, zuständig war. Also loyale Angestellte, erledigte sie ihre Pflichten tadellos und lernte von ihrem privaten Hauslehrer und Magier. Er unterrichtete Sie in Mythologie und Zauberkunde, Sprachen und Handel, sowie diverse allgemeinbildende Fächer.
An einem gewöhnlichen Morgen, als gerade ein Schiff mit neuer Ladung von jenseits des Meeres anlegte, geschah jedoch das Unglück: Es handelte sich um eine geheime Lieferung von 15 Holzkisten, deren Inhalt niemandem bekannt war, ausser dem mysteriösen Händler selbst, verständlicherweise. Ryna war an diesem Morgen anwesend, um den Verlad und Transport der Lieferung zu koordinieren. Eine 20 Mann starke Leibwache des Händlers war ebenso zugegen, um die Sicherheit zu gewährleisten, während mehrere angeheuerte Dockarbeiter begannen die Kisten zu entladen.
Es war ein idyllischer Morgen mit den krächzenden Lauten von Möwen und den entfernen Klängen von Metallketten, die gelöst und anderswo wieder verkettet wurden.
Plötzlich zerriss ein scharfes Zischen die geschäftige Atmosphäre und Sekunden später explodierte am Bug des Handelsschiffes ein riesiger Feuerball. Fünf oder Sechs Wachen wurden hinweg gefegt und blieben als verkohlte Haufen liegen.. gleichzeitig stürmten vom gegenüberliegenden Pier bewaffnete Mannschaften heran, ihre Schwerter gezückt und mit lautem Johlen. Begleitet wurden sie von unzähligen Lichtblitzen, die wie eine Armee von Sternschnuppen zunächst in die Luft stiegen, um dann zielgerichtet auf die Wachmannschaften niederzuprasseln. Die magischen Geschosse fanden erbarmungslos ihre Ziele und hinterliessen die machtlose Abwehr verwundet oder tot. Magische Säurepfeile folgten den Fliehenden hinterher und wer sich ausser Sichtweite in Deckung bringen konnte, wurde erbarmungslos von den heranstürmenden Fusssoldaten neidergemacht. Da dämmerte es Ryna.. Die Gilden hatten sich zusammengeschlossen.
Für mehr Gedanken war jedoch keine Zeit, denn auch sie wurde zum Ziel und noch ehe sie sich versah, hörte sie vom Steg einen Ruf: "Da ist sie, bringt sie mir, tot oder lebendig.. tot zwei Kisten eurer Wahl... lebendig.. eine Kiste, haha!!" - da gab sie Fersengeld. Ihr Fluchtweg sollte sie durch die bereits abgeladenen Kisten führen, da vernahm sie erneut das scharfe Zischen in der Luft und da war es auch schon zu spät.. ein fürchterlicher Knall gefolgt von einer Feuerwalze sprengte die Kisten an ihrer Seite in die Luft. Sie wurde regelrecht von Feuer, Glut und Flammen eingehüllt.. "Das ist das Ende" schoss es ihr durch den Kopf, als sie spürte wie eine unerträgliche Hitze ihren Körper wie eine Fessel umschloss. Dass sie dabei hinweggeschleudert wurde, fühlte sie nicht. Vielleicht war es ihr Glück, denn Sekunden später schlug sie hart auf, halb besinnungslos, aber noch lebendig und kühl.. im Wasser. "Was nun?" Halb belämmert von der Explosion, der Hitze und dem Aufschlag, konnte sie fast keinen klaren Gedanken fassen und noch bevor ihre Sinne alles verarbeiten konnten, schlugen auf allen Seiten Gegenstände ins Wasser. Holzteile von Kisten, Bruchstücke von seltsame Figuren aus Stein gemeisselt, Waffen, Schmuck und .. was war das? Eine seltsam glatte Platte, die aussah wie ein Spiegel, die neben ihr im Wasser versank - und gerade als ihr Blick auf die Oberfläche traf, fühlte sie einen unendlich starken Sog, als würde etwas ihre Seele aus dem Leib ziehen wollen...
Sie wehrte sich nicht und liess es zu - alles war besser, als hier zu ertrinken, oder dem Mob in die Hände zu fallen.
Später, als sie erwachte, lag sie auf einer Wiese und hinter ihr, eine spiegelglatte Oberfläche, in die sie hineinblickte:

Mit den Brandwunden als Narben würde sie wohl leben können. Hauptsache leben.
Einige Wochen später stiess Ryna eher zufällig auf eine Expedition, als sie auf dem Weg in Richtung Schleiergebirge war. Einige Abenteurer hatten sich gefunden, um eine verschollene Person ausfindig zu machen und zu bergen. Sie starteten die Expedition am Silberbachlauf, dort wo sich das Wasser in Richtung Elfensiedlung bewegte und von ihnen mit Holzbrücken überquerbar gemacht wurde. Sie schloss sich der Unternehmung an, da sich keiner der Teilnehmenden sicher war, wer oder was für die Entführung letztendlich verantwortlich war.
Zunächst setzten sich lediglich einige Feuerkäfer zur Wehr, aber je tiefer sie in das felsige Tunnelsystem der nördlichen Höhlen vordrangen, umso klarer wurde, womit sie es zu tun hatten. Riesige Käfer und Spinnen gesellten sich dazu und just bevor die Tunnel tiefer gingen, tauchten Drinnen auf. Magische Bestien, halb Drow halb Spinne, von den Drow Priesterinnen verflucht. Die Abenteurer nahmen den Kampf jedoch auf und seilten sich tiefer ab in die Tunnel des Unterreichs - unsicher, ob und wie sie heil wieder aus dieser Lage entfliehen konnten.
Es kam auch, wie es kommen musste und die Gegner wurden übermächtig, überall hörten sie das klacken und klickern von Spinnenbeinen an den kahlen, dunklen Wänden. Die magisch Begabten vermochten mit einigen Flächenzaubern den ersten Ansturm noch abzuhalten, aber je länger es dauerte, umso offensichtlicher wurde es, dass sie fliehen mussten. Die Gruppe wurde jedoch getrennt, indem die Drinnen die Verteidigenden Magier von der vorstossenden Expeditionsgruppe abzuschneiden vermochten. So flohen Ryna und ein weiterer Elf nach oben, um in der elfischen Siedlung Verstärkung zu rufen. Genau in dem Moment als die Verstärkung schliesslich eintraf, öffnete sich ein Portal und die Entführte, sowie die restlichen Expeditionsteilnehmer konnten gerettet werden.
Was genau passiert war, konnte Ryna nicht in Erfahrung bringen, jedoch erkannte sie dieselbe junge Frau aus dem Nebelwald, die entführt worden war - Abigail.
Dass die Entführung nicht spurlos an der Frau vorbei gegangen war, zeigte sich einige Tage später an einem Fest in Nova. Just als die Festivitäten beinahe den Höhepunkt erreicht hatten, zog die Entführte einen Bogen und feuerte einen Pfeil auf Ryna. Überrascht und unvorbereitet traf sie der Pfeil mitten in die Brust, worauf sie kraftlos zu Boden sank.
Noch immer geschwächt durch die dunkle Magie der Halborks, welche selbst ihren Heiligtumszauber völlig nutzlos werden liess, konnte die Heilmagie nichts gegen die frische Wunde ausrichten und der örtliche Heiler musste sein ganzes Register ziehen, um die heikle Pfeilverletzung in den Griff zu bekommen. Zwei ganze Wochen dauerte es schliesslich, bis sie sich von der Attacke erholt hatte.
Was wohl die Gründe dafür waren?
Rache? Ein Attentat? Die Verwirrtheit nach der Entführung?
Ryna beschloss, zukünftig noch vorsichtiger zu sein.
Es dauerte nicht lange, als sie Kunde erhielt, dass jemand aus dem Nebelwald nach ihr suchte. Bei genauerem erfragen erfuhr sie, dass es wohl um die Geschehnisse ging, die sich im Nebelwald zu getragen hatten und die immense Zerstörung, die das Wesen aus den niederen Ebenen angerichtet hatte.
Ryna war sich unsicher, welcher Einfluss den Dämonen aus dem Riss befreit haben könnte. War es die schiere Präsenz der dämonischen Artefakte der Halborken.. war es der Kontrollverlust, als die dämonische Axt ihre Schulter traf und ihre Gedanken abgelenkt wurden... eine schlüssige Erklärung fand sie letztendlich nicht.
Jedoch entschloss sie sich, sich zum Nebelwald aufzumachen. Wer auch immer dort das Sagen hatte verdiente zu erfahren, was sich zugetragen hatte und welche Umstände zur Zerstörung geführt hatten.
Als sie sich auf den Weg machte, gesellten sich immer mehr Leute zur Gruppe, es schien wie ein Schauspiel zu sein. Jedoch war es Ryna einerlei, es ging um die Aufklärung des Herganges und ein jeder der den Nebelwald frequentierte hatte das Recht zu erfahren, was passiert war. Im Nebelwald angekommen herrschte ein Aufgebot an Baumhirten und Waldbewohnern, wie sie es noch nie gesehen hatte. Aber man liess sie passieren und sie trat hinauf, zur alten Eiche und Faldir, dem Druiden. Ein weisser Hirsch stand neben dem Druiden, der sich als "Waldgeist" zu erkennen gab. Er sprach in ihren Gedanken und schien aufgebracht "Ihr seid hier um euer Urteil zu erhalten!". Ein mächtiges Wesen also, das telepathisch zu kommunizieren imstande war. Was für ein Urteil? War sie angeklagt? Von wem?
Und wo war dieses Wesen, als die Halborken den Waldelfen massakriert hatten und darauf nach ihrem Leben trachteten? Viele Gedanken kamen in ihr auf.
"Erkläre dich!" verlangte eine Stimme in ihren Gedanken und riss sie aus ihren Überlegungen. Wozu die Frage, dachte sie.. das Wesen hätte doch einfach die Gedanken lesen können? Ach nein, dann hätten es die Umstehenden ja nicht gehört.. also erzählte sie die Hergänge.
So kurz es ging und ohne Umschweife schilderte Sie die Hergänge und war gespannt, auf die Erwiderung des Waldgeistes. Dieser fragte jedoch nicht weiter nach. Weder über die Motive der Halborken, nicht über Handlungsalternativen und auch nicht nach einer Einschätzung der Situation - die einzige Fragen waren "Bekennt ihr euch schuldig?!" Irritiert blickte sie den Waldgeist an.. er hatte von einem Urteil gesprochen, war sie nun selbst auch die Richterin? Oder Angeklagte? Sie war verwirrt und schüttelte den Kopf, ihre Unschuld beteuernd.
Ohne weitere Umschweife gab der Waldgeist bekannt, dass er Ryna als Dämonenbeschwörerin aus dem Nebelwald verbanne, auf alle Zeit. Und sollte sie je einen Fuss in den Wald setzen, würden die Wächter des Waldes über sie richten.
Mit unverändertem Blick schaute Ryna auf den Waldgeist. Sie wusste nicht, ob sie lachen sollte. Dämonenbeschwörerin? Dieser Waldgeist hatte offensichtlich keine Ahnung von Beschwörungen. Selbst wenn sie wollte, hätte sie keinen Dämonen beschwören können. In Gedanken ging sie die Urteilszeremonie noch einmal durch. Hier wurden keine Fragen gestellt, es wurde nur gerichtet. Die Absicht war nie eine andere, als einen Schuldigen zu präsentieren, um die erhitzten Gemüter teilweise zu beruhigen. Angesichts solch trivialer Motivationen hielt sie es für das Beste, nichts zu erwidern und es gut sein zu lassen. Wenn sie sich an diesem Urteil erfreuen konnten, dann sollte sie ihnen diese Freude gewähren.
Damit drehte sie sich um und verliess den Nebelwald.
Wenigstens schien sich die Situation etwas zu entspannen, nun, nachdem Tarlengor magisch versiegelt und der Halbleichnam zeitweise gebannt war. Man traf sich überwiegend in den Städten, um über die vergangenen Tage zu berichten und sich auszutauschen.
An einem solchen Tag passierte es.. eine Gruppe Halborken wanderte durch Elysin und als Ryna einen der Hünen erblickte, schien es ihr für einen Moment als hätte sie in ein bekanntes Gesicht geschaut. Jedoch war sie sich fern von sicher und nur dieses leichte Gefühl im Unterbewusstsein.. diese schleichende Vorahnung tauchte in ihr auf... doch sie wusste, dass sie stets auf solche Einwände ihrer inneren Gefühle acht geben sollte.
Sie trat auf den Hünen zu und musterte ihn eingehend. Der schaute nur dümmlich, wie alle seiner Brut und fletschte seine mächtigen Hauer. Nein, sie musste sich irren... oder doch nicht? War das der Halbork, den sie am Ritualkreis gesehen hatte? Unmöglich.. warum sollte er ausgerechnet nach Elysin..... weiter kam sie nicht in ihren Gedanken. Der Faun, seines Zeichens Trödler in Elysin sprach sie mit Namen an. Ein elfischer Waldläufer wollte sie sprechen, im Nebelwald nahe Nova. Es ginge um die Geschehnisse am Regenbogentempel , als das magische Ei geborgen wurde.
Eigenartig, weshalb und wozu? Das waren ihre ersten Gedanken.. aber Elfen, insbesondere Waldläufer, waren nicht dafür bekannt ihre Zeit sinnlos zu vertrödeln. Also machte sie sich sofort auf den Weg und benutzte das Portal in Elysin, um nach Nova zu gelangen. Von dort machte sie sich auf den Weg zum Nebelwald, in Richtung östlichen Teil, wo die Bäume etwas dichter standen.
Als sie sich dem Treffpunkt näherte, war es totenstill im Nebelwald. Typisch für diesen Teil, dachte sich Ryna und verlangsamte ihre Schritte nun, bevor sie ein leises Knacken hörte. War das der Elf? Unmöglich.. Ein Elf würde niemals so achtlos auf einen Ast treten. Sie schüttelte den Kopf und teilte ein Gebüsch...
Was sie sah, war ein Szenario des Schreckens. Blut, soweit das Auge reichte... und inmitten des Blutes, lag ein elfischer Körper, der Kopf abgetrennt und der Rumpf mit gebrochenen und verdrehten Gliedern, der Hals nur ein Stumpf. Auf einem Pfahl der abgehackte Schädel des Elfen, mit Hautfetzen, die herunter hingen, das Gesicht zur Unkenntlichkeit entstellt.
Ryna war wie gelähmt.
Und dann krachte es im Unterholz, zwei Orken, einer links und einer rechts, stürmten auf sie zu.
"TÖTÄÄHN!!" Brüllten sie beide wie im Wahn und hoben pechschwarze, mit dämonischen Runen gezeichnete, brennende Streitäxte zum Schlag über den Kopf.
Geistesgegenwärtig schüttelte Ryna die horrenden Bilder aus ihrem Bewusstsein und ihr Überlebensinstinkt gewann überhand. Sie breitete ihre Arme aus und wirkte ein Mächtiges Heiligtum, um ihren Körper aus der materiellen Welt zu lösen und in die Ätherebene zu kopieren. Augenblicklich gewährte ihr Gott die Magie und sie spürte, wie sich ihr Körper auflöste. Nur als Projektion stand sie nun im Wald, ihre Augen verengend auf die Orken gerichtet. Nun war der Zeitpunkt der Abrechnung gekommen.. diesen beiden Schergen des Bösen würde sie eine Überraschung bereiten.
Einen Kampf wollten die beiden, auf Leben und Tod? Den sollten sie haben!
Sie schloss die Augen und webte die Magie - mit aller Kraft rief sie ihren Schutzpatron an, einen Streiter des Lichts zu senden, aus Lunia, dem silbernen Himmel des Berges Celestia. Sogleich öffnete sich ein Ebenenriss und sie kündigte den Engel an
"Lauft, ihr elenden Würmer und Schergen des Bösen, lauft solange ihr noch könnt!"
.. und.. dann geschah es.. das Unmögliche. Obwohl ihr Körper die materielle Ebene verlassen hatte, nur eine Astralprojektion verblieben war, traf sie die dämonische Axt in die Schulter, erst links.. dann in die Seite und dann rechts. Schmerz... riesiger Schmerz waren ihre Gedanken, als sie die Beherrschung über das Portal verlor und sie brach zusammen. Sie verlor die Kontrolle über den Ebenenriss.
"WER WAGT ES!?!" Donnerte eine unbekannte Stimme und ihr Astralkörper lag im Laub des Nebelwaldes, sie blickte hoch und sah, wie eine schwarze Klinge durch das Portal stiess, Hörner.. und ein geschuppter Schwanz. Ein Dämon!! In seiner rasenden Wut brüllte er auf, beschwörte die Flammen der Abyss und verbrannte alles, was in seinem Weg stand. Der Dämon war ausser sich vor Zorn und Wut, es war eine Kreatur, als Manifestation der letzten Gedanken, welche sie bei der Beschwörung hatte: Schmerz.
Der Dämon war die Inkarnation des Schmerzes und er tat sein Bestes, sein Portfolio zu vertreten. Alles, rund um den Dämonen sollte Schmerz erfahren. Es entbrannte ein heftiger Kampf. Ryna versuchte mit aller Kraft, den Ebenenriss aufrecht zu erhalten, um den Dämonen zu bannen, doch dieser wehrte sich dagegen. Die frisch gewonnenen Freiheit verlieh ihm zusätzliche Kraft und er schleuderte Flammen in alle Richtungen in seinem Zorn. Seine mächtige Vorpalklinge schlug in die Seite des Felsen und hinterliess einen Schnitt.
Doch letztendlich behielt die Klerikerin die Überhand und zwang den Dämonen zurück in den Riss, bevor sie ihn schloss. Dann fiel sie zu Boden.. erschöpft und ausgepumpt.
Wie lange, das wusste sie nicht, aber als sie wieder zu sich kam, loderten noch hier und dort ein Feuer, dieses löschte sie und kümmerte sich dann um den Elfen, dessen Körper nun nicht nur entstellt und geschändet war, sondern nach wie vor ein grausames Bild abgab. Sie begrub die Überreste und legte einen Steinkreis an, sodass die Elfen seiner gedenken konnten, an dem Ort wo er sein Leben gegen die Halborken liess.
Kaum als sie fertig war, kam eine Frau herangeschritten, mit geweiteten Augen, als sie die Zerstörung sah. Ryna erklärte die Geschehnisse knapp, sie war zu erschöpft für ausführliche Erzählungen und machte sich dann auf den Rückweg nach Nova, wo sie sich ein Zimmer aufsuchte, um sich auszuruhen.
Noch Tage später lag sie auf ihrem Zimmer. Die Wunden der dämonischen Äxte wollten einfach nicht heilen.
Es war, als wären die Wunden verflucht.
In den folgenden Tagen fanden viele Gespräche statt, man war sich einig, dass gegen diese übermächtigen Gegner kein Kraut gewachsen war und viele entschlossen sich, den Paragonen das Feld zu überlassen - sie schienen die einzigen zu sein, die der Übermacht der Übel in irgendeiner Weise gewachsen waren. Dies führte zu einer Informationsveranstaltung in Elysin, wo die Anführer der Reiche vertreten waren und sich den besorgten Fragen von allen Leuten stellten. Die Priester der Orte erkärten die Umstände des Auftauchens der Übel und die Zusammenhänge der Übel und der Paragone, sowie ihren Ursprung und Absichten. Obwohl dies für etwas mehr Klarheit sorgte, war nach wie vor nicht sicher, wie man sich ihnen entgegen stellen sollte. Denn übermächtig waren sie nach wie vor.
Als wollte sich eine Antwort gleich selbst aufdrängen, ersuchten die Erzmagier um Freiwillige die einen Kristall nach Tarlengor bringen sollten, um den Eingang dort zu versiegeln und somit den Halbleichnam wenigstens zeitweise zu bannen. Eine Gruppe Abenteurer brach auf - darunter auch Ryna, die den Kristall sicher verwahren sollte. Der direkte Weg nach Tarlengor war von Nova aus versperrt und es tobten Kämpfe gegen die untoten Horden aus Tarlengor. Deshalb entschied man sich für einen Umweg durch den Nebelwald und die Nebelsümpfe, rund um den Nebelsee, um über den verdorrten Pfad nach Tarlengor zu gelangen. Gesagt getan, machte man sich auf den Weg. Jedoch mussten die Streiter feststellen, dass man sie schon erwartet hatte. Unterwegs stellten sich ihnen zahlreiche Monster entgegen, dabei waren es nicht nur die üblichen Sumpfmücken, Nattern und Käfer, sondern auch übermächtige Leviathane, die einige Streiter der Gruppe mit ihren kräftigen Kiefern direkt von den Beinen rissen, was sie beinahe das Leben kostete. Geschwächt kam man am Weg um den Nebelsee an, nur um direkt von Untoten angegriffen zu werden und als wäre dies nicht genug gewesen, erschienen aus dem Nichts eine Horde Gedankenschinder, die mit ihren telepathischen Kräften den grossteil der Gruppe kampfunfähig machte. Wie durch ein Wunder zogen diese sich wieder zurück, bevor sie ihre begonnenen Taten vollendet hatten. Die Gruppe beschloss einen dunklen Turm, von dem sie vermuteten, dass eine dunkle Magie ausging, zu zerstören. Mit Hilfe einer Feuerbombe, wurden die Grundmauern geschwächt, sodass er schliesslich in sich zusammenbrach. Danach setzte man den Weg fort und gelangte schliesslich zu den Toren von Tarlengor.
Ohne zu zögern sprach Ryna ihre magischen Formeln und band den Kristall, den ihr die Erzmagierin ausgehändigt hatte auf das Tor von Tarlengor. Dieser pulsierte magisch und wies auf das ehemalige Tor von Tarlengor. Er begann eine Art Schutzhülle über die Gruppe zu legen, als zahlreiche Untote urplötzlich aus der Erde hervorstiessen und nur durch den Schutzzauber zurückgehalten in ihrer Angriffsstellung verharrten.
Nach und nach tauchten sie alle auf. Zuerst der Halbleichnam, dann der Schwarze Slaad, ebenso wie der Ork-Heerführer Grimhold und Harat. Casiar griff zu seinem Kriegshorn, um den Oberkommandierenden Tarkus von Thule zu rufen.
Doch anstelle dessen brach ein gewaltiger Feuerball hervor und eine grosse Explosion schleuderte einige untote Schergen beiseite. Aus dem Feuer schritt eine Vermummte Gestalt heraus, zusammen mit der Hexerin Calpernia. Verwirrt über diese Wendung der Situation und unsicher, auf welcher Seite stehend blickten sich die Fraktionen an. Just in diesem Moment erstrahlte der Kristall in einem magischen Licht und liess die Untoten Horden zerbersten. Mit ihnen ebenso den Halbleichnam - nicht ohne seinen sterbrenden Ruf, dass er wiederkehren würde.
Diese Wendung war genug für den Dämonenlord Harat, der sich auf die nächstbeste Gestalt stürzen wollte, um sie mit seinen Klauen zu zerreissen. Die Vermummte öffnete sofort ein Portal, um nicht Opfer dieses ungestümen Angriffs zu werden und bannte den Dämonen auf seine Heimatebene zurück. Diese Chance ergriff der Orkanführer und verschwand ebenso in einem Teleportationsfeld, nachdem er seine Verbündeten verschwinden sah.
Einzig der schwarze Slaad machte keine Anzeichen zu fliehen und entschied sich, eine tödliche Entscheidung herbeizuzwingen. Diesmal machte er nicht von seinem Lähmungszauber Gebrauch und lachte nur, als er die Gruppe, wie auch den Oberkommandierenden Tarkus von Thule angriff. Im darauffolgenden Kampf wirkte einer der Streiter eine magische Dunkelheit, die der Slaad letztendlich zu seinem Vorteil ausnutzte und in einem Portalszauber floh.
Im Nachhinein wurden wüste Beschuldigungen und Beschimpfungen ausgetascht. Sogar eine absichtliche Unterstützung des schwarzen Slaads wurde einigen vorgeworfen. Für Ryna wurde die Sache immer undurchsichtiger. Irgendjemand spielte hier ein falsches Spiel, die Frage war nur: Wer.
Sie entschloss sich, vorsichtiger zu werden, wem welche Informationen anzuvertrauen waren. Selbst der Paragon Tarkus von Thule hatte seine Beherrschung verloren. Wie konnte man einem übermächtigen Wesen trauen, das sich zeitweise selbst nicht unter Kontrolle hatte?
Und wer war die Vermummte? Ein gottgleiches Wesen, welches - wie sie selbst sagte - an Mirrotas Seite diese Welt erschuf? Neutral sei sie, und auf der Seite der jeweils unterlegenen Partei. Sollte sich also herausstellen, dass die Paragone die offensichtlich bösen Übel bezwingen würden, dann würde sich ihnen ein gottgleiches Wesen entgegen stellen, um das Gleichgewicht zu wahren. Ryna war überzeugt, dass diese Vermummte weitere Geheimnisse verbarg.
Was die Abenteurer nicht wussten - sie sollten schon bald wieder in Not sein, aus der sie nur die Macht eines Paragons befreien konnte.
Wenige Tage nach sich die Gruppe vom kürzlichen Verlust des Silbernen Drachen und der schrecklichen Demonstration der Macht des schwarzen Slaads erholt hatte, ertönte aus Silberbachtal ein Signalhorn, dessen Ruf ein jeder Folge leistete, der sich kampfbereit und imstande fühlte, eine Waffe zu führen. Bei den elfischen Bogenschützen angekommen, wurden die Streiter informiert, dass Orks aus dem östlichen Tal drei Kinder entführt hatten, mit der Absicht sie ihrem Schamanen zu bringen, der sie in einem Ritual opfern wollte, um einen mächtigen Dämonenlord zu beschwören.
Ohne lange zu zögern machten sich elfische Schützen und eine Gruppe Abenteurer auf den Weg, um sich der Befreiung der Kinder anzunehmen. Doch schon bald stiessen sie an der östlichen Brücke auf ein Heer aus vielen hundert Orken, aus Frostriesen, Goblins und Wargreiter und weiteren Sympathisanten des orkischen Heeres. Viel Zeit blieb nicht, sie mussten sich entscheiden. Entweder die Brücke zu verteidigen, oder sich durch einen geheimen Waldpfad zu schlagen und so zu versuchen, die orkischen Kreiger zu umgehen und vielleicht noch rechtzeitig vor der Ritualvollendung beim orkischen Schamanen anzukommen.
Es entbrannte eine kurze Debatte und man einigte sich, weder zu verteidigen, noch den langsamen und unsicheren Waldpfad zu nehmen, sondern direkt das Heer anzugreifen, in der Hoffnung, entgegen der Erwartungen der Orks zu handeln, diese zu überrumpeln und so möglichst direkt die flüchtigen Entführer zu stellen. Gesagt getan machten die Streiter einen Ausfall und erschlugen die perplexen Belagerer einen nach dem andern, ohne dass diese nennenswerten Schaden anrichten konnten.
Es schien als hätte die Wut über eine Kindesentführung in jedem der Abenteurer zusätzliche Kräfte entfesselt und jeder Hieb und jeder Pfeil wurde noch erbitterter dem Feind entgegen geschleudert. Alsbald hatte man sich einen Weg in den östlicheren Teil des Silberbaches geschlagen und näherte sich langsam der Quelle und somit dem Orklager der Urukhai.. und bald sah man auch die lodernden Feuer des Ritualkreises, der prominent am Silberbach errichtet wurde. Kohlebecken stiessen heisse Flammen in die Abenddämmerung und mit Schrecken musste man feststellen, dass es schon zu spät war. Die Kinder waren geopfert, der Dämon ragte in voller Höhe über den Köpfen aller und ein übel zugerichteter Elf wurde gerade in seinen Fesseln in Richtung Ritualkreis gestossen. Vermutlich ein weiteres sinnloses Opfer. Ein Halbork diente als Handlanger, dümmlich und wenig begreifend führte er Befehle aus und grinste nur vor sich hin. Eine einfältige Brut, so schoss es Ryna durch den Kopf, auf kurzen Profit aus, wankelmütig und nur rohe Gewalt respektierend.
Nun, da die Streiter vor dem reinen Bösen standen, das Heer im Rücken besiegt und nur ein paar zerstreute und flüchtige Anhänger im näheren Umkreis wissend, war die Zeit der Abrechnung gekommen.
Just in diesem Moment fing der Dämonenlord zu sprechen an, lachte die Truppe aus und schlug einen Handel vor. Einen Handel! Wie lächerlich.. nun, da er sein Fussvolk verloren hatte und sich selbst dem Kampfe stellen sollte, wollte er verhandeln? Wo war die Verhandlung, als es noch etwas zu verhandeln gab? Die Kinder?! Einfaltspinsel!! Ryna zischte durch die Zähne und musste sich beherrschen, um nicht direkt mit einem Zauber von flächendeckender Vernichtung zu antworten - sie überliess die Redensführung dem Paladin Ky'ori, welche mit ähnlichen Gedanken rang und in ihrer Antwort des Dämonen Todesurteil erklingen liess. Der Dämonenlord liess nicht locker und wich nicht von seiner Strategie ab - er schlug sogar einen Wettkampf vor, zwischen einem seiner Streiter und einem der Abenteurer. Belustigung auch noch? Das war zuviel. Nicht nur für Rynas Verhältnisse, auch der Paladin hatte genug der leeren Worte und zog die heilige Klinge, als sie zum Angriff überschritt. Sie hätten es wissen müssen - mit einer Handbewegung waren sie alle gelähmt. Unbeweglich an Ort und Stelle, bis sich schliesslich einer der Gruppe bereit erklärte, gegen den Champion des Dämonenlords anzutreten. Nevynral war der Name des Unglücksraben, der sich freiwillige meldete. Und kaum vorgetreten, beschwörte der Dämonenlord einen dämonischen Kriegsherren, der an Grösse, Kraft und Ausdauer, dem Abenteurer weit überlegen war. Ein General dämonischer Krieger, die Zeitlebens - wohl jahrhunderte, oder jahrtausende - nichts anderes taten, als in der Abyss Kriege auszufechten. Ein sinnloses Unterfangen. Es dauerte auch nicht lange, da war nach wenigen Hieben klar, wie der Kampf ausgehen würde, doch... es geschah erneut ein Wunder. Nicht unerwartet, mittlerweile war es Usus. Tarkus von Thule erschien durch ein Portal und stellte sich dem dämonischen Feldherren entgegen, schwang seine Klinge und zwang ihn in die Knie. Der Dämonenlord entschied sich für einen Rückzug und verschwand mit einem Teleportationszauber... Die Gruppe war gerettet. Gerettet, aber nicht ohne den fahlen Beigeschmack, erneut versagt zu haben und durch übermenschliche Kräfte gerettet worden zu sein. Das schien hier so üblich...
Als wäre der Angriff des Drachenliches nicht genug gewesen, erhob sich aus dem Wasser hinter dem Krater der schwarze Slaad Belfegor. Noch mit erhitzten Gemütern aus dem Kampf mit dem Untoten Drachen, ergriffen die Helden sogleich ihre Waffen, nur um mit dem Wink einer klauenbewehrten Hand des Slaads wieder gelähmt zu werden. Spott und Hohn waren ihnen gewisse und der schwarze Slaad wollte gerade genüsslich zum Angriff überschreiten und die unbeweglichen Abenteurer einen nach dem andern enthaupten, als aus einem Riss in der Ebene eine Gestalt in roter Rüstung schritt. Wie der Drache ein Paragon, so wie er sich später vorstellte und ein wohlbekannter Gegner des schwarzen Slaads.
Es dauerte nicht lange bis die Machtverhältnisse klargestellt waren und der schwarze Slaad wohl oder übel den Kürzeren zog. Nicht ohne Verwünschungen zog er sich in sein eigenes Portal zurück und die Abenteurer verpflichteten sich zu tiefstem Dank gegenüber dem roten Ritter, der sich selbst Tarkus von Thule, Kommandant der blutroten Legion nannte.
Kaum zwei weitere Tage waren vergangen, als die Späher von Elysin einen riesigen Schatten hoch in den Wolken über Elysin ausmachen konnten. Kurz darauf erfolgte ein gewaltiger Donnerschlag, als hätte der Göttervater Ao selbst einen Pfahl in die Welt gerammt. Der Boden erzittere und man musste befürchten, dass die steinernen Mauern der Gebäude wie Kartenhäuser zusammenfielen. Sie hielten glücklicherweise der Druckwelle und dem Erdbeben stand und eine Gruppe Abenteurer wagte sich vor die Stadttore, um nachzusehen, was diesen Lärm und die Druckwelle wohl ausgelöst haben mochte.
Draussen bot sich ihnen ein schrecklicher Anblick. Der alte silberne Drache, welcher Tage zuvor einer Gruppe Abenteurer das Leben gerettet hatte, indem er sich zwischen sie und den schwarzen Slaad Belfegor warf lag regungslos in einem Krater auf dem Boden. Rasche Versuche, dem ehrwürdigen Tier zu helfen schlugen fehl, man konnte keine lebende Präsenz mehr spüren. Im Gegenteil - was gleich darauf geschah, liess allen das Blut in den Adern gefrieren.
Mit einem Mal zuckten die Augenlider und die Haut fing an zu schimmern. Erst im vertrauten Silberglanz, bevor allmählich der glitzernde Schein fahl und rötlich wurde, und schliesslich Haut und Schuppen in einer Mischung aus schwarzer Asche und rotem Feuer glühte. Dann fiel die Haut und das Fleisch von den Knochen und ein ekelerregender Gestank von Fäulnis machte sich schlagartig breit. Und als wäre dies nicht genug gewesen, erhoben sich die Knochen des Drachen vom Grund und in den Augenhöhlen glimmten kleine, listige Augen in einem roten, durchdringenden Schein. Der Drachenlich brüllte auf und attackierte sofort die Umstehenden Abenteurer.
Unvorbereitet erwischte es einige, unter anderem Ryna, welche mehrere Meter weit hinfortgeschleudert wurde, während andere sich unter ihrem Schild begruben, oder einfach nur mit offenem Mund stehen blieben. Es entbrannte ein erbitterter Kampf auf Leben und Tod, während Ryna vergeblich versuchte sich auf die Beine zu rappeln, sie hatte ihre Füsse in einer dichten Schlingpflanze verheddert und war dem Schicksal hilflos ausgeliefert. Gücklicherweise konnte ihr jemand zu Hilfe eilen und sie aus ihrer misslichen Lage befreien.
Sofort erhob sie ihr heiliges Symbol und beschwörte das reinigende Licht ihres heiligen Patrons, während Ky'ori, ihr gesegnetes Schwert gegen den Drachenlich führte. Mit Hilfe der weiteren Streiter gelang es schliesslich, die unselige Magie des Drachenlich zu bannen und er ergriff die Flucht. Man konnte deutlich erkennen, dass es das Monster nach Tarlengor zog, wo sich das rötlich schimmernde Wesen niederliess.
Kaum dass sich die Abenteurer von diesem Schrecken und der Wahrhaftigkeit zweier übermächtiger Wesen erholen konnten, ertönten nur wenige Tage danach die Hörner zur Verteidigung von Elysin. Orks, Echsenmenschen, Minotauren, ja sogar Eis- und Feuerriesen hatten sich verbündet, um vereint gegen die Siedlung Elysin Mirith vorzugehen. Allen voran ein mächtiger Eisork, vermutlich ein Anführer, der die Feinde zu einen vermochte.
Unter einigen Verlusten konnte die angreifende Macht zurückgeschlagen werden, aber nur dank der Unterstützung der Zwerge und Elfen aus Dwardrukar und Silberbachtal. In den darauffolgenden Tagen verrichteten die Arbeiter in Elysin Grosses. Das Haupttor wurde mit Hilfe der Zwerge verstärkt wieder aufgebaut und einige beschädigten Grundmauern der Stadt erneuert.
Während diese Arbeiten von sich gingen, stand Ryna auf einem etwas erhöhten Abschnitt der Stadtmauer und blickte nach Südosten, in Richtung der gefallenen Geisterstadt Tarlengor. Da war es ihr, als könnte sie in der Ferne auf einem Hügel einen grossen, mächtigen Ork ausmachen, mit einer brennenden Axt auf der Schulter, starrte er in Richtung Elysin. Ein leichter Schauer zog ihr den Rücken hinunter, als hätte allein der Blickkontakt etwas Unheilvolles an sich. Doch die Gestalt war zu weit entfernt, als dass sie Genaueres hätte erkennen können. So blieben sie beide noch lange Momente stehen, den Blick in des jeweils anderen Richtung gewandt.
Obwohl sie ihren Fokus nicht auf das Erwerben von Bekanntschaften legte, kam sie nicht umhin weitere Ebenenreisende kennen zu lernen. Freiwillig oder Unfreiwillig, vielen schien das Schicksal einen Streich zu spielen und nur selten traf sie auf jemanden, der sich willentlich durch das Spiegelportal bewegt hatte.
So trug es sich zu, dass sie inmitten einer Gruppe Abenteurer endete, die es sich zum Ziel erklärt hatten, ein Artefakt aus einem Tempel zu bergen. Ryna wurde am Rande erklärt, dass es sich um eine Art Wettkampf handelte, zwischen guten und bösen Wesen, welche ihrerseits versuchten, die Artefakte in ihren Besitz zu bringen. Noch war wohl niemandem das Ausmass bewusst, welches dieser Wettlauf mit sich bringen sollte.
Jedenfalls mühte sich die Gruppe durch den Schnee des Schleiergebirges, ehe sie durch eine uralte Magie auf einen abgelegenen Tempel aufmerksam gemacht wurde. Mit Müh und Not gelang es der Gruppe, sich einen Weg auf die abgelegene Eisinsel zum sogenannten Mondtempel zu bahnen. Dort angekommen eröffnete sich ihnen ein wundersamer Anblick. Der Tempel, von Zwergen in alten Tagen errichtet, beherbergte ein noch älteres Artefakt, welches mit Hilfe eines Zwergen geborgen werden konnte. Überzeugt von der Richtigkeit, das Artefakt in die Binge Dwardrukar zu tragen, machten sich die Abenteurer auf den Weg, nur um wenige Schritte ausserhalb des Tempels von einem mächtigen schwarzen Slaad aufgehalten zu werden.
Belfegor, Diener des Dämonenlords, so stellt er sich vor, verlangte nach dem Artefakt und war schon im Begriff es sich mit Gewalt zu nehmen, als sich ein Silberdrache ihm in den Weg stellte. Der darauffolgende Kampf der beiden Ungetüme ermöglichte den Helden die Flucht, wobei nicht klar wurde, welchen uralten Zwist den beiden innewohnte. Wohlbehütet zurück bei den Elfen dämmerte es nun den Abenteurern. Hier war etwas Grösseres im Gange.
In den nachfolgenden Tagen verbrachte Ryna viel Zeit damit, die umliegenden Gebiete zu erkunden. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, die bekannten Siedlungen zu Fuss zu erkunden und die direkten Wegverbindungen auszukundschaften. Dabei liess sie es sich nicht nehmen, die Handelswege zu kartographieren. Später, so war sie überzeugt, würden auch die Wildnis und abgelegenen Orte zum Kartenmaterial hinzugefügt werden.
Etwas Auffälliges waren die Tempeleinrichtungen der Städte. Während die Gottheit Mirrotas eine Art übergeordnete Entität darstellte, so gab es doch auch geweihte Stätten für Götter aus Faerun. Eilistraee beispielsweise in Elysin. Obwohl diese Spiegelwelt also eine Zwischenebene im Multiversum darstellte, schien die Verbindung zu ihrer eigenen Heimat etwas prominenter zu sein, als anderweitige Welten. Dies bestätigte sich auch in den Gesprächen, welche sie hier und da aufschnappte. Mehrere Neuankömmlinge hatten ihre Ursprungswelt durch eine spiegelnde Oberfläche verlassen und waren hier aufgetaucht, wobei die Heimat namentlich mit Faerun genannt wurde.
Dass die Verknüpfung zu ihrer Heimat und ihrem Schutzpatron zwar noch aufrecht stand, jedoch empfindlich schwächer war, als noch bevor sie den Übertritt in die Spiegelwelt erlitt, zeigte sich in ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dinge, welche sie früher mühelos an den Tag legte, ermüdeten sie hier viel schneller. Sie stiess viel eher an ihre Grenzen und einige Dinge waren ihr komplett abhanden gekommen. Dem wollte sie um jeden Preis entgegen wirken. Die Selbständigkeit verlangte es geradezu, dass sie in der Lage war für sich selbst einzustehen. Deshalb widmete sich Ryna zu einem grossen Teil ihrer physischen und geistigen Ausbildung. Sehr hilfreich erwies sich dabei das Gespräch mit einem vertrauten Celesten, einem Archon und Ebenenreisenden, den sie mit Hilfe ihrer göttlichen Magie zu beschwören imstande war.
In den darauffolgenden Tagen war Ryna damit beschäftigt, die Geografie ihrer neuen Heimat zu erkunden, sowie die alltäglichen Routinen wieder einzuüben. Es war ein völlig neues Leben, allein auf sich gestellt, ohne geregelte Arbeit und Dienste für ihre alten Herren. Ungewohnt war alles, aber sie war andererseits auch glücklich über die neu gewonnene Freiheit und die Chancen dieser Welt, die sie zu ihren Gunsten nutzen wollte.
Einige Tage später, als sie sich in Richtung Süden aufmachte, stiess sie auf eine Gruppe von Leuten, die sich in Richtung einer Luke im Fels zubewegten. Da sie bisher nur Banditen auf dem Weg angetroffen hatte, liess sie eher Vorsicht walten und näherte sich nur langsam. Mit einem gewissen Sicherheitsabstand blieb sie letztendlich stehen und begutachtete die Gruppe. Es war eine gerüstete unauffällige Menschenfrau, eine ebenfalls unauffällige Frau mit leichter Stoffkleidung und eine menschenartige Frau, jedoch mit sichtbaren Hörnern, weissen Haaren und leichter Kleidung, wobei seltsame magische Runen auf der Haut zu erkennen waren - möglicherweise ein Tiefling oder ein anderweitig extraplanares Wesen.
Mit der nötigen Vorsicht und einem Fluchtweg direkt im Rücken nickte sie der Gruppe zu. Der Gruss zurück war freundlich und offenbarte, dass die Gruppe keinerlei Bedenken an Ryna's Gutmütigkeit hatte - Echt oder gespielt? Zu diesem Zeitpunkt war dies unklar. Die Namen der Frauen waren Cassandra, Calpernia und Lydia - nichts Ungewöhnliches oder anderweitig Auffallendes, so entschloss sich Ryna, das Gespräch aufrecht zu erhalten.
Es zeigte sich jedoch ziemlich schnell, dass Rynas eher vorsichtige Annäherung und Skepsis gegenüber der Gruppe teilweise als Affront empfunden wurde. Ebenso wurde ihre Denkweise und einige Schlussfolgerungen als rückständig bezeichnet. Überzeugt von der Meinung, nichts falsch gemacht zu haben, trat sie den weiteren Weg alleine an. Erstmal galt es, sich hier zurecht zu finden.
Der Anblick war zwar nicht alles andere, als sie erwartet hätte, aber dennoch teilweise fremdartig, im Vergleich zu den ihr geläufigen Bräuchen. Was ihr als erstes auffiel, waren die Bauten. Sie erinnerten an menschliche Städte , jedenfalls von der Grösse und Bauweise her - Bei den Bewohnern war dies tatsächlich nicht der Fall.
Es patrouillierten Wachen in Kettenrüstungen, dabei mischten sich Menschen - vielleicht auch einfach menschenartige - Engel und ein Tiefling. In ihrer Heimat hätte ein solcher Anblick vermutlich Verwirrung, womöglich Entsetzen und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch Gewalt gestiftet. Hier schien alles an der Tagesordnung zu liegen. Ebenso spazierte ein Mädchen mit roten Flügeln - offensichtlich ein Erbe eines roten Drachen - unbehelligt durch die Ortschaft und unweit daneben ein Drowkind!
Für Ryna zuviel des Guten - oder vielmehr: Des Bösen. Sie wandte sich rechtsumkehrt wieder aus den Toren und verfolgte den Weg nach Süden, vorbei an einem Schild, das vor Orken warnte und hinein in eine Höhle, voller Feuerkäfer.
Mit ihrer spärlichen Ausrüstung kämpfte sie sich waghalsig durch die Gänge und spürte kurze Zeit darauf später, wie sich ihr Band mit Gwearon Windstrom, ihrem Schutzpatron stetig stärkte und erneuerte. Das Gefühl nicht allein zu sein, das Gefühl von etwas Bekanntem durchströmt zu werden ermutigte sie und trieb sie voran.
Es dauerte nicht lange, bis sich die Höhle wieder öffnete und den Weg in eine andere Zivilisation freigab. Nova hiess die Siedlung, die offensichtlich eine menschlichere Politik verfolgte. Hier gab es weder Tieflinge noch Drow, keine Drachenabkömmlinge oder Ähnliches. Ein Ort, der eher dem entsprach, was sich Ryna aus ihrer Heimat Faerun gewohnt war.
Ankunft und erste Schritte
Nachdem sie sich aufgerappelt hatte, vergewisserte sie sich, dass auch niemand der Angreifer gefolgt war. Wo auch immer sie sich befand, es schien hier ein ruhiger und friedlicher Ort zu sein. In der Nähe erblickte Ryna einen älteren Mann, der vor einem fahrbaren Haus stand und einige Dinge vor sich ausgelegt hatte. Eine Art Marktstand und als Wächter einen riesigen Schreckensbären, der von mehreren Traggurten umspannt war und dem Alten offensichtlich als Lasttier diente.
Kurzerhand näherte sie sich dem Alten, der sich als Wulfris Abberdorn vorstellte und sich von seinem Bären Bollo die Hand ablecken liess. Er hatte sich hier niedergelassen, um 'Grünschnäbeln', wie er alle Neuankömmlinge in dieser Welt zu nennen pflegte, seinen Trödel zu verkaufen. Da Ryna tatsächlich keine Besitztümer aus der alten Welt dabei hatte, rüstete sie sich notdürftig aus.
Im Gespräch erfuhr sie von einer Stadt Elysin, ganz in der Nähe. Einer Stadt, welche von allerlei Wesen bewohnt wurde - sie war gespannt. Weiter erfuhr sie von einem Ort namens Nova, eine Siedlung von Menschen, die mit einem Teleportationsspiegel mit anderen Siedlungen verbunden war. Heuffingen, ein Halblingsdorf, nannte der Alte ebenfalls. Silberbachtal, das Elfendorf und Dwardrukar, die Zwergenbinge kannte er ebenso.
Mit diesem Wissen machte sie sich auf den Weg, die nahe gelegene Stadt zu erkunden. Sie fühlte sich nach wie vor schwach.. vielleicht sogar schwächer als sonst - aber sie war gespannt, was sie wohl in diesem Elysin erwarten würde.